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Nachbericht zum Fachtag "Gesellschaftliches und pädagogisches Handeln gegen Hass, Hetze und Gewalt"


Am 14. Oktober fand der diesjährige Fachtag für die Jugendarbeit und angrenzende Arbeitsfelder in der Mühlbachhalle und dem Katholischen Gemeindezentrum in Eschbronn statt. Veranstalter war das Kreisjugendreferat im Jugend- und Versorgungsamt des Landkreises und Gastgeber war das Jugendreferat Dunningen/Eschbronn. Bürgermeister Franz Moser begrüßte annähernd 60 Fachleute in seiner „guten Stube“. Die Größe der Halle erlaubte trotz der vielen Teilnehmenden die Einhaltung der Hygieneregeln zur Eindämmung des Corona-Virus.
Bürgermeister Moser freute sich, dass die Veranstaltung des Landkreises bewusst auch in kleineren ländlichen Gemeinden durchgeführt wird. In seinem Grußwort beklagte er die zunehmende Verrohung im zwischenmenschlichen Umgang. Auch in unserem Land und direkt in unserem vertrauten Alltag verzeichnen wir eine Zunahme an Hass, Hetze und Gewalt. Sie finden immer häufiger offen und unverblümt ihren Ausdruck, als wären sie selbstverständlich und müssten wir uns daran gewöhnen.
Beginnend mit abwertenden, menschenfeindlichen Einstellungen über hassgetränkte Botschaften reicht das Spektrum von Hetze und Gewalt schließlich im Extrem bis hin zum Mord, wie uns grausame Beispiele aus den vergangenen Monaten schrecklich vor Augen führen. Dagegen vorzugehen und entschlossen Stellung zu beziehen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Insbesondere Fachkräfte, die mit jungen Menschen arbeiten, sind ganz unmittelbar herausgefordert, angemessene Angebote der Prävention und der Wertevermittlung, aber auch der Lebensbegleitung von Opfern und von potenziellen oder tatsächlichen Tätern umzusetzen. Das Demokratiezentrum Baden-Württemberg, das die Referenten des Fachtags stellte, widmet sich genau diesen Aufgaben und hat darin eine hohe Kompetenz und Expertise entwickelt.
Der Vortrag von Dr. Jens Ostwaldt führte in das Thema ein und zeigte am Beispiel aktuell gesellschaftlich relevanter extremistische Ideologien deren Attraktivitätsmomente für vor allem junge Menschen auf. Dr. Ostwaldt machte Radikalisierungsverläufe verstehbar und zeigte die Faktoren auf, die eine Radikalisierung beeinflussen und begünstigen. Am Anfang steht meist eine persönlich verspürte Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation, die oft als Kränkung empfunden wird. Am Ende der Eskalation steht die Entmenschlichung der „anderen“, die den Teppich für Gewalt bis hin zum Mord legt.
Am Nachmittag waren drei Workshops parallel vorgesehen, von denen jedoch nur einer stattfand. Das Angebot von Cord Dette zu Rassismus und Menschenfeindlichkeit im Alltag erwies sich als dermaßen attraktiv, dass die Veranstalter kurzerhand entschieden, alle Teilnehmenden in diesem Workshop zusammenzuführen.
Entlang der Kulturgeschichte der Menschheit zeigte Dette auf, dass Rassismus keine Erscheinung erst der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart ist. Während der spanischen Inquisition wurde erstmals ganzen Bevölkerungsteilen das Daseinsrecht abgesprochen. Der Wirkmechanismus dieses Rassismus besteht in der Definition von bestimmten Gruppen mit gemeinsamen Merkmalen als Feindbild und funktioniert bis heute. Als Antwort darauf entwickelte Prof. Wilhelm Heitmeyer ab 2000 das Konzept der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“.
Dette ermunterte das Publikum, nicht zu resignieren, sondern stattdessen wahrzunehmen, was die Demokratiebewegung in den vergangenen Jahrzehnten erreicht hat. Vor dem Hintergrund von Dr. Ostwaldts Erklärungsmuster für Radikalisierungsprozesse appellierte er dazu, Anfälligkeiten und Tendenzen zur Radikalisierung bei jungen Menschen frühzeitig wahrzunehmen und ihnen Angebote zu geben, die eine Eskalation der Teufelsspirale möglichst unterbindet. Für diese Aufgabe, nämlich Beziehungsarbeit zu leisten, seien Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit bestens geeignet.